Der neue Forschungsbericht des Lehrstuhls für Sozialpädagogik der Kath. Universität Eichstätt-Ingolstadt geht folgenden Fragen nach:
Schadet die Kinderkrippe dem Kind? Welche Schäden sind zu erwarten, wenn ein Kind vor dem 2. Geburtstag in die Kinderkrippe kommt? Es wird darauf hingewiesen, dass die Kinderkrippe messbaren Dauerstress (massive Cortisolausschüttung) hervorruft, der die Entwicklung des kindlichen Gehirns schädigt. Und von Bildung kann in den ersten 2 Lebensjahren nicht die Rede sein. Da ist nur Beziehung und Bindung wichtig – zu älteren Geschwistern, Eltern und der Familie. Mit Gleichaltrigen können so kleine Kinder noch nichts anfangen, sie machen nur Stress. Der Stress ist nachweisbar und wirkt auf das kindliche Gehirn wie ein Psychopharmakon. Dieses müsste durch jahrelange Forschung seine Unschädlichkeit nachweisen – die Krippe dagegen nicht. Niemand interessiert sich für diese massiven Nebenwirkungen. Niemand setzt sich für das Kind ein.
Kostenloses Download:
2022: Kinderkrippen: Schadet die Krippe meinem Kind?
Forschungsbericht Projekt Risiken der Betreuung in Kinderkrippen
Umfassende Informationen erhalten Sie in dem Buch:
Schadet die Kinderkrippe meinem Kind? (Herausgeber Prof. Sulz, Dr. Walter und Dr. Sedlacek). CIP-Medien-Verlag
Vereinbarkeit von Beruf und Familie benötigt:
- qualifizierte, gute Kinderkrippen, die Kindern nicht schaden
- Erziehungsgeld in Höhe des bisherigen Nettogehalts
- Erziehungszeit mindestens 18 Monat für die Mutter
- Erziehungszeit bis zu 18 Monaten für den Vater
- Recht auf Rückkehr an den Arbeitsplatz nach der Erziehungszeit
- Recht auf Teilzeittätigkeit bis zum Schuleintritt
- Recht auf Karriereschutz nach Erziehungszeit
- Flexible Arbeitszeiten, Home-Office und Arbeitszeitkonten
- Der Vater verzichtet genauso viel auf den Beruf wie die Mutter
- Die Mutter wird auch während der Erziehungszeit entlastet, so dass sie Zeit für sich hat (max. 40-Stunden-Woche)
Leseprobe
Schadet die Kinderkrippe meinem Kind? Worauf Eltern und ErzieherInnen achten und was sie tun können
Die Entwicklungspsychologie weiß darum, dass ein Krippen-Aufenthalt ganztags vor dem Alter von 24 Monaten Ihrem Kind schadet. Trotzdem stehen Mütter unter dem sozialen Druck der Politik, der Medien, der Arbeitgeber, der Kolleginnen und Freundinnen.
„Sei doch nicht altmodisch, sei doch
kein Muttchen, das ihre Kinder bebrütet wie ein Huhn die Lege-Eier.
Verzichte doch nicht auf Dein Einkommen, Deine Karriere, die
Wertschätzung, den Kontakt, die Beziehungen mit Kolleginnen, auf alles
was Dir wichtig ist und Dein Beruf Dir gibt. Du wirst sehen wie Dir das
fehlt, wenn Du länger als ein halbes Jahr von all dem abgeschnitten bist
und nur noch mit anderen Müttern Kontakt hast, mit immer den gleichen
Baby-Themen. Und melde Dein Kind rechtzeitig an. Am besten 3 bis 4
Monate vor der Geburt. Und diese Qualitätskriterien für KITAs sind ja
völlig übertrieben. Die wollen, dass ein Kind mindesten eine Stunde am
Tag eine Erzieherin ganz für sich hat. Und dass nicht mehr als vier bis
fünf Kinder auf eine Erzieherin kommen*. Das könnte ja keiner bezahlen!
Das ist eine Utopie der ewig Gestrigen. Kinder brauchen andere Kinder**“
*mit Urlaub und Krankheitsausfällen sind es an vielen Tagen 15 Kinder je Erzieherin.
**Ja aber nur ältere Geschwister. Sie können in diesem Alter von Gleichaltrigen nicht profitieren.
Das ist der Mainstream und kaum eine
PsychologIn oder Kinderärztin/arzt wagt es, etwas gegen diesen zu sagen.
Denn wer will schon (mit Worten) gesteinigt werden?
Oder sind die zwei bis drei Jahre, die
ein Ehepaar das Kind für wichtiger halten als den Beruf, doch keine
vergeudete Zeit? Was sind schon zwei Jahre im Leben eines Menschen? Wie
viel erfüllende Momente verschenkt eine Mutter und ein Vater, der in den
Beruf flieht? Für sie sind diese ersten Lebensjahre ihres Kindes zu
schnell vorbei und unwiederbringlich verloren. Sie haben ihr Kind in
diesem Alter gar nicht richtig kennengelernt (vor allem die Väter). Aber
das ist nicht alles: Fehlender Aufbau einer sicheren Bindung zu den
Eltern zwischen 8 und 24 Monaten führt zu einer geringeren Chance, dass
das kindliche Gehirn die ihm genetisch mitgegebenen Begabungen
entwickeln kann. Verbunden mit dem schlechteren Aufbau der Fähigkeit zur
Impulshemmung zwischen 3 und 4 Jahren hat das Auswirkungen auf die
Lebensqualität und die sozialen und beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten
bis in das vierte Lebensjahrzehnt (Walter Mischel 2015). Also ein sehr
hoher Preis!
Diese kurze und intensive Investition in
die Entwicklung ihrer Kinder zahlt sich für das ganze Leben aus.
Jegliche Vernachlässigung (und die meisten Ganztags-KITA-Aufenthalte in
diesem frühen Alter entsprechen der Vernachlässigung) rächt sich später
ebenso wie jegliche Stresshaltung nach einem anstrengenden Arbeitstag,
an dem auch noch das Kind etwas will, wo doch keine Kraft mehr da ist.
Dabei wäre es ganz einfach und auch finanzierbar. Zum Beispiel so:
Im ersten Jahr darf die Mutter beim Kind sein mit vollem Erziehungsgeld.
Im zweiten Jahr dürfen Mutter und Vater halbtags beim Kind sein mit je halbem Erziehungsgeld.
Im dritten Jahr darf der Vater beim Kind sein mit vollem Erziehungsgeld
Wenn das nicht geht: Im dritten Jahr arbeiten beide Teilzeit, so dass
sie zusammen auf eine Ganztagsstelle kommen und zahlen keine Lohnsteuer
und keine Rentenversicherung (bei voller Anrechnung als Ausfallzeit).
Ab dem vierten Jahr bis zur Einschulung arbeiten beide zusammen so
viel, dass 1,5 Stellen zusammen besetzt werden (z. B. 30 Stunden die
Mutter und 30 Stunden der Vater oder ungleich verteilt) – und zahlen so
wenig Steuern, dass ihnen genau so viel Familien-Nettoeinkommen bleibt
wie einem kinderlosen Doppelverdiener-Ehepaar.
Das gäbe mehr Gerechtigkeit zwischen den
Generationen und mehr Gerechtigkeit für diejenigen, die die Bürde der
Elternschaft auf sich nehmen.
Freiberufler können diese Übergänge natürlich viel individueller und flexibler gestalten.
Was wie eine Emanzipation der Frau
aussieht (gleicher Zugang zu allen beruflichen Möglichkeiten wie der
Mann), die den Männern und den Arbeitgebern abgerungen wird, ist in
Wirklichkeit nur eine Umverteilung der Chancenungleichheit von der
Mutter auf ihr Kind. Erst wenn der Gesellschaft und der Wirtschaft
wirklich abgerungen wird, was eine Frau braucht, ohne dass sie es ihrem
Kind nehmen muss, können wir von Emanzipation sprechen. Bis dahin ist es
nur eine Fortsetzung der Ausbeutung von ArbeitnehmerInnen auf Kosten
ihrer Familie.
Sprechen Sie doch mit dem Abgeordneten
Ihres Wahlkreises. Jetzt ist er noch empfänglich für solche Worte, nach
der Wahl nicht mehr.
Einige Zitate aus dem entwicklungspsychologischen Wissensfundus (Literaturquellen hierzu bei Sulz 2017):
Die kognitive Entwicklung des Kindes im
Vorschulalter konnte Fonagy (1997) aus der Bindungssicherheit mit der
Mutter im Alter von 12 Monaten und mit dem Vater im Alter von 18 Monaten
vorhersagen. 82 % der sicher gebundenen Kinder lösten Theory-of-Mind-Aufgaben
(reflektieren können, dass Überzeugungen und Wünsche eigenes Verhalten
und das Verhalten anderer vorhersagen), während nur 46 % der unsicher
gebundenen Kinder diese Aufgaben lösen konnten. Ein anderes
Studiendesign ergab, dass 87 % der Kinder, die sowohl zu Vater als auch
zu Mutter eine sichere Bindung hatten, diese Aufgaben lösen konnten, im
Vergleich zu 63 % der Kinder, die nur mit einer Elternperson eine
sichere Bindung hatten, und nur 50 % der Kinder, die zu keinem
Elternteil eine sichere Bindung hatten. Fonagy schließt daraus, dass die
kognitive Entwicklung bei sicher gebundenen Kindern früher die
Fähigkeit einer Reflexionsfunktion im Sinne der Theory of Mind
hervorbringt und damit der Entwicklungsprozess der Mentalisierung
rascher vonstattengeht.
Wenn eine sichere Bindung hergestellt
ist, muss das Kind keinen Aufwand mehr betreiben, um diese herzustellen,
sondern wird frei für spielerische Entwicklung. Es kann und will sich
früher kooperativen Interaktionsspielen zuwenden, wie sie die
Als-ob-Spiele darstellen. Sie können Aufgaben zum Gedankenlesen und
emotionalen Verstehen gut lösen (Astington & Jenkins, 1995).
Auch ältere Geschwister fördern die Mentalisierungsfähigkeit eines Kindes (Jenkins & Astington, 1995).
Die Entwicklung der Mentalisierung hängt
auch von der eigenen Mentalisierungsfähigkeit der Mutter ab (Fonagy,
Steele, Moran, Steele & Higgitt, 1991).
(aus Sulz S. (2017). Gute Verhaltenstherapie lernen und beherrschen. Band 1: Wissen. München: CIP-Medien)
Eine sichere Bindung zu den Eltern ist notwendig, um die Fähigkeit zur Impuls- und Affektregulierung zu entwickeln. Dazu gehören die unzähligen Forschungsarbeiten zum Thema Selbststeuerungsfähigkeit,
über die Walter Mischel (2015) und Joachim Bauer berichten (2015). Denn
die im Alter von 4 Jahren vorhandene oder nicht vorhandene
Selbststeuerungsfähigkeit (bei Kindergartenkindern am Beispiel des
Belohnungsaufschubs untersucht à Marhsmallow-Test) hat eine erstaunliche
Vorhersagekraft auf Lebensqualität von 30 bis 35-jährigen Menschen:
„Vorschulkinder, die beim Marshmallow
Test länger auf die Belohnung warteten, wurden Jahre später als
Jugendliche folgendermaßen beurteilt: Sie zeigten mehr Selbstkontrolle
in frustrierenden Situationen, sie waren nicht so anfällig für
Verlockungen, sie ließen sich weniger leicht ablenken, wenn sie sich zu
konzentrieren versuchten; sie waren intelligenter, selbstbewusster und
zuversichtlicher, und sie vertrauten ihrem Urteilsvermögen. Unter
Stress gerieten sie nicht so schnell in Panik wie diejenigen, die
Belohnungen nicht zu lange aufschieben konnten, und sie verloren auch
nicht so schnell die Fassung, waren nicht so leicht aus dem Konzept zu
bringen und verfielen nicht so oft in unreife Verhaltensmuster. Ebenso
konnten sie besser voraus denken und planen, und bei hinreichender
Motivation waren sie zielstrebiger. Außerdem waren sie achtsamer, in
höherem Maße zu rational-logischem Denken fähig und vernünftigen
Argumenten aufgeschlossen, und ließen sich durch leichte Rückschläge
nicht aus der Ruhe bringen.“ (Mischel 2015, S. 38)
„Etwa im Alter zwischen 25 und 30 Jahren
schafften es diejenigen, die im Vorschulalter länger auf die Belohnung
warten konnten, laut eigener Auskunft besser, langfristige Ziele zu
verfolgen, gefährliche Drogen zu vermeiden und ein höheres
Bildungsniveau zu erreichen. Ihr Body Maß Index war zudem deutlich
niedriger. Außerdem waren sie belastbarer und anpassungsfähiger bei der
Bewältigung zwischenmenschlicher Probleme, und sie schafften es besser,
enge Beziehungen aufrechtzuerhalten.“ (a. a.O. S. 39)
„Bei den „guten Belohnungsaufschiebern“ war das Areal im präfrontalen Kortex aktiver, das für effektives Problemlösen, kreatives Denken und die Kontrolle impulsiven Verhaltens beansprucht wird. Dagegen war bei den Anführungszeichen „schlechten Belohnungsaufschiebern“ das ventrale Striatum aktiver, vor allem wenn sie sich bemühten, ihre Reaktionen auf emotional geladene, verlockende Stimuli zu kontrollieren. Dieses im tieferliegenden, primitiveren Teil des Gehirns angesiedelte Areal ist mit Verlangen, Lust und Sucht assoziiert. … dass „schlechte Aufschieber“ offenbar einen starken Motor haben, während „gute Aufschieber“ scheinbar eine bessere mentale Bremse besitzen.“ (A.a.O. 41).
Im präfrontalen Kortex ist unser kühles
System des logischen Denkens angesiedelt, es ist nicht schnell
auslösbar, es reagiert relativ langsam – Überlegen braucht Zeit. Es
reift erst allmählich und kommt erst ab 4-6 Jahren zum immer effektiver
werdenden Einsatz. Im limbischen System ist unser heißes System der
Emotionen und Impulse zu Hause. Es ist schnell auslösbar, reagiert
schnell reflexhaft, spontan, erzielt sofortige Wirkungen wie
Befriedigung oder Spannungsreduktion. Es ist von Geburt an
funktionsfähig. Große Bedürfnisse und großer Stress aktivieren dieses
System.
Die zahlreichen von Mischel (2015) berichteten Studien aus dem Vorschulaltersbereich weisen eindeutig darauf hin, dass das menschliche Gehirn zum Zeitpunkt der Geburt noch nicht ausgereift ist und einige für unsere Betrachtungen wichtigen psychischen Prozesse zum Beispiel erst mit drei Jahren beginnen sich zu zeigen und erst mit fünf Jahren voll ausgebildet sind. Was ein Kind mit fünf Jahren kann, hat es zu einem guten Teil nicht erst gelernt, sondern es hat sich entwickelt. Die Individualität, die Persönlichkeit und die geistige Kapazität eines Kindes, wenn man es mit Gleichaltrigen vergleicht, ergibt sich zu einem großen Teil – neben seinen vererbten Merkmalen – aus den frühen Kindheitserfahrungen, die fördernd oder hemmend gewesen sein können. Wir müssen befürchten, dass Ganztags-KRIPPE vor dem Alter von 24 Monaten die Entwicklung des kindlichen Gehirns in oben genanntem Sinn hemmt.
Neueste Studien
Zepf und Seel (2017) berichten über zahlreiche Studien, die belegen, dass KRIPPEN in den ersten zwei Lebensjahren Kindern schaden. Auch die beste KRIPPE kann nicht verhindern, dass Kinder, die ganztags in einer KRIPPE untergebracht werden, einen sie überfordernden Dauerstress erleben. Dauerstress wiederum, so zeigen sehr viele Studien, hemmt die Entwicklung des Gehirns und damit auch die Entwicklung wichtiger geistiger, emotionaler und sozialer Fähigkeiten. Man muss deshalb damit rechnen, dass Eltern, die sich für eine KITA entscheiden, dazu beitragen, dass sich die Chancen ihres Kindes sich seinen genetisch mitgegebenen Begabungen gemäß zu entwickeln und zu entfalten, deutlich verringern.
Wulfes und Schulz (2017) berichteten auf dem 35. Symposium der
Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der Deutschen
Gesellschaft für Psychologie über eine sorgfältig durchgeführte Studie
über den Einfluss außerfamiliärer frühkindlicher Betreuung auf die
Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter. Es zeigten
sich Verhaltensprobleme, externalisierende Verhaltensauffälligkeiten und
geringeres prosoziales Verhalten. Sie empfehlen besonders frühes
Eintrittsalter (0 bis 3 Jahre) zu vermeiden, außer bei
Migrationshintergrund, wo die Integration über eine Institution besser
gelingt als in der Familie. Sie betonen, dass die ersten Lebensjahre
eine sehr wichtige Zeit im Leben eines Kindes sind.
- Quelle: Wulfes N., Schulz W. (2017). Der Einfluss außerfamiliärer
frühkindlicher Betreuung auf die Entwicklung von
Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter. Vortrag am 26.5.2017 35.
Symposium der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der
Deutschen Gesellschaft für Psychologie
Dagegen berichten Schmitt et al. (2015) über exzeptionelle Bedingungen und Ergebnisse bei der Bevölkerung von Dresden, wo 67 % der Eltern ihre Kinder in KRIPPEN geben – eine lange DDR-Tradition beibehaltend. So erkannten Mütter, die ihr Kind schon mit 2 Monaten die KRIPPE gaben, keinerlei negative Folgen. Die Autoren plädieren deshalb dafür, Kinder so früh wie möglich in KRIPPEN unterzubringen.
- Schmitt J. et al. (2015). Determinanten der psychischen Gesundheit
im Einschulungsalter – Ergebnisse einer populationsbezogenen
Untersuchung in Dresden. Kinder- und Jugendarzt 46, S. 312-325
Hier muss angemerkt werden, dass die Prävention psychischer Störungen
als Erkrankung im Kindesalter ein kurzfristigeres Kriterium ist als die
Förderung oder Hemmung der Entwicklung des Gehirns und der Psyche mit
lebenslangen Folgen. Die untersuchten Kinder müssen bei der Einschulung
noch keine psychischen Auffälligkeiten haben und konnten sich trotzdem
nicht so entwickeln wie es ohne Kita-Besuch möglich gewesen wäre.
Zusammengefasst
- Die neurobiologische Basis der Entwicklung der Emotionsregulation und der Impulskontrolle ist die Reifung des Gehirns, speziell des präfrontalen Kortex u. a. mit seiner das limbische System modulierenden und hemmenden Wirkung.
- Die Plastizität des Gehirns ermöglicht es der Umwelt,
auf die Entwicklung in vielfältiger Weise einzuwirken – sowohl
entwicklungshemmend als auch entwicklungsfördernd. Die
zwischenmenschliche Umwelt ist die einbindende Kultur, die der
Entwicklung des Individuums Raum gibt und Grenzen vermittelt.
Entwicklung geschieht in Wechselwirkung mit ihr.
- Sichere Bindung zu den Eltern fördert die Reifung des Gehirns, unsichere hemmt sie.
- Kinder unter 18 Monaten brauchen nicht Gleichaltrige sondern ältere Kinder und Erwachsene. Sie brauchen keine Gruppe sondern Zweierbeziehungen (mit Mutter, Vater, anderen Erwachsenen, älteren Geschwistern).
- Stress hemmt die Entwicklung des Gehirns. Gestresste Mütter stecken ihr Kind mit ihrem Stress an. KRIPPE ist Stress für das Kind. Und die gestresste Mutter ist Stress für das Kind.
Literatur:
- Bauer, J. (2015). Selbststeuerung. Die Wiederentdeckung des freien Willens (5. Aufl.). München: Blessing.
- Bischof-Köhler, D. (2010). Kognition, Motivation und Emotion in der Frühen Kindheit und im Vorschulalter. In S. Sulz & S. Höfling (Hrsg.) … und er entwickelt sich doch! Entwicklung durch Psychotherapie (S. 3-44). München: CIP-Medien.
- Bowlby J. & Holmes J. (2014). Bindung als sichere Basis: Grundlagen und Anwendung der Bindungstheorie. München: Ernst-Reinhardt
- Brisch K.-H. (2016): Säuglings- und Kleinkindalter. Stuttgart: Klett-Cotta
- Fonagy, P., Gergely, G., Jurist, E. L. & Target, M. (2008). Affektregulierung, Mentalisierung und die Entwicklung des Selbst (3. Aufl.). Suttgart: Klett-Cotta.
- Grossmann K., Grossmann K. E. (2012). Bindungen: Das Gefüge psychischer Sicherheit. Stuttgart: Klett-Cotta
- Mischel, W. (2015). Der Marshmallow-Test. München: Siedler-Verlag.
- Schmitt J. et al. (2015). Determinanten der psychischen Gesundheit im Einschulungsalter – Ergebnisse einer populationsbezogenen Untersuchung in Dresden. Kinder- und Jugendarzt 46, S. 312-325
- Schore, A. N. (2012). Bindung und die rechtshemisphärische Regulation. In Rass E. (Hrsg.): Alan Schore: Schaltstellen der Entwicklung. Stuttgart: Klett-Cotta, S. 87-110
- Sulz, S. (2012). Als Sisyphus seinen Stein losließ oder: Verlieben ist verrückt! Ein psychologisches Lesebuch über menschliche Überlebensformen und individuelle Entwicklungschancen (6. Aufl.). München: CIP-Medien.
- Tietze, W., Becker-Stoll, F., Bensel, J., Eckhardt, A. G., Haug-Schnabel, G., Kalicki, B. & Keller, H. (2013). Nationale Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit (NUBBEK). Verlag am Netz.
- Wulfes N., Schulz W. (2017). Der Einfluss außerfamiliärer frühkindlicher Betreuung auf die Entwicklung von Verhaltensauffälligkeiten im Jugendalter. Vortrag am 26.5.2017 35. Symposium der Fachgruppe Klinische Psychologie und Psychotherapie der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
- Zepf S., Seel D. (2017). Würden sich kleine Kinder für ihre Betreuung Kitas ausdenken? Kinderanalyse 25 (03) DOI 10.201706/ka-25-3-203
Nachtrag
Serge Sulz wendet sich in dieser dringenden Frage an seine psychotherapeutischen KollegInnen:
Sehr geehrte Frau Kollegin, sehr geehrter Herr Kollege,
entschuldigen Sie bitte, dass ich mich mit einer unbequemen Botschaft
melde.
Ich habe viele Jahre lang geschwiegen und entgegen meiner
Überzeugung darauf gewartet, dass die Forschung zu dieser Frage
verlässliche Angaben macht. Jetzt ist es so weit: Die Bindungsforschung,
aber auch die Erforschung der emotionalen und kognitiven Entwicklung
bestätigen, dass ein Kind unter 24 Monaten vernachlässigt wird, wenn es
zu zehnt oder fünfzehnt 8 bis 10 Stunden am Tag mit einer oder auch mit
zwei Erzieherinnen verbringen muss.
Ich weiß, dass Kolleginnen und Kollegen, die ihr Kind in eine
KITA geben, sich gegen diese Aussage aufbäumen müssen. Sie stehen unter
dem Druck der öffentlichen Meinung und ihrer beruflichen und familiären
Situation und sie können sich nicht zerreißen. Und jetzt kommt auch noch
einer wie ich daher und lässt die ohnehin schon vorhandenen
Schuldgefühle größer werden. Gegen den muss man sich wehren, dann geht
es wieder.
Wenn Sie nicht in einer glücklichen Situation sind, in der Sie
Wahlfreiheit haben, landet der schwarze Peter bei Ihnen und das können
Sie nicht auf sich sitzen lassen. Das sollten Sie auch nicht. Ich bin
überzeugt, dass Sie es sich nicht leicht gemacht haben und den für alle
Beteiligten besten Kompromiss gewählt haben. Mit Kindern teilt man nicht
nur Freud, sondern auch Leid. Also steckt in diesen Ausführungen keine
Schuldzuweisung an die Eltern. Diese können nicht anders.
Nein, die ganze Verantwortung geht an die Adresse der Politik.
Sie fädelte – um Wählerstimmen zu fangen – den KITA-Boom ein. Und die
öffentlichen Medien sprangen flink auf diesen Zug auf. Prompt wurden
Stimmen zum Schweigen gebracht, die vor den Folgen dieser
Vernachlässigung warnen. Oder die fordern, dass sowohl die Mutter als
auch der Vater je ein Jahr Erziehungszeit finanziert bekommen.
Und es bringt nichts, wenn 80 % der KITA-Kinder keine sichtbaren
Schäden zeigen. Denn die Entwicklungsdefizite führen nicht direkt zu
psychischen Erkrankungen, sondern zeigen sich sehr verzögert – indem das
eine Kind sich prächtig entwickelt und auch im Erwachsenenleben seine
Begabungen und Chancen nutzen kann, während ein anderes eine
vergleichsweise ärmere Existenz und Lebensqualität (inkl. der
langfristigen Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen aufweist). Auch
die einseitige Betonung der kognitiven Entwicklung und der Schulnoten
lässt zu leicht vergessen, dass die emotionale und soziale Entwicklung
mindestens so wichtig ist.
Auf der anderen Seite wissen wir PsychotherapeutInnen um das viel
häufiger Wehe der Entwicklungsstörungen, die aus einer gestörten
Mutter-Kind-Beziehung bzw. Vater-Kind-Beziehung erwachsen können, auch
wenn das Kind nie eine KITA gesehen hat: Überbehütung und Verstrickung
sowie katastrophale Mann-Frau-Beziehung der Eltern. Mit diesen
hausgemachten Problemen sind wir in unserem Beruf vollauf beschäftigt.
Trotzdem meine ich, dürfen wir nicht schweigen, wenn wir sehen, was in
unserer Gesellschaft und in den Familien passiert. Die Kinder haben
keine Stimme. Sie brauchen die Stimme derjenigen, die das sehen und
verstehen. Dem Politiker, der Ihre Stimme haben will, sollte das nicht
gleichgültig sein. Wir dürfen ihm dieses Verständnis nicht abverlangen,
aber Ihre Stimme möchte er halt bekommen.
Mit freundlichen Grüßen Ihr Serge Sulz
NEU: Literatur – Publikationen von Serge Sulz sowie Gesamtübersicht